Demokratie braucht engagierte Bürgerinnen und Bürger, sehr geehrte Damen und Herren,
Demokratie lebt davon, dass es Menschen gibt, die anpacken.
Sie lebt davon, dass möglichst viele ihre Bedürfnisse und Interessen einbringen, um dann gemeinsam die Stadt, das Land, unsere Gesellschaft voranzubringen.
Nur so sichern und verstärken wir den in diesen Tagen viel beschworenen gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Es wird aktuell viel diskutiert und behauptet, dass sich immer mehr Menschen immer weniger von der etablierten Politik vertreten fühlen. Gleichzeitig gibt es Gruppierungen und Personen, die einen Alleinvertretungsanspruch für sich reklamieren, die behaupten zu wissen was "das Volk" will.
Im Sinne einer offenen, bunten, vielfältigen ja auch anstrengenden Gesellschaft ist es wichtig, möglichst vielen Leuten Spaß auf Politik zu machen. Konkrete Möglichkeiten aufzuzeigen der eigenen Stimme Gehör zu verschaffen.
An vielen Orten wird zurzeit die Frage gestellt, wie unsere Demokratie lebendig gehalten, ja gesichert werden kann.
KREATIVE IDEEN SIND GEFRAGT!
Und wie wir wissen, entstehen die verrücktesten und besten Ideen am Küchentisch. Das Wenigste davon hält lange.
Bei Politik zum Anfassen war es nachhaltig.
Was so manche zu Beginn vor über 10 Jahren als idealistische Spinnerei der Dehmels belächelt haben, ist heute ein bundesweit einmaliger Verein, der etabliert und gleichzeitig originell und kreativ Demokratie lebendig hält.
In Zeiten, in denen die meisten auf Sicherheit bedacht sind und gerade in der Lebensphase der Familiengründung gerne eine solide Anstellung haben wollen, haben sich die Dehmels auf den Weg gemacht ihre Überzeugungen in die Tat umzusetzen.
Herausgekommen ist Politik zum Anfassen e.V., ein Verein der Lust auf Demokratie macht. Mit verschiedenen Methoden, die Spaß machen, werden v.a. junge Menschen an scheinbar schwierige Themen herangeführt. Dafür werden kreative Methoden wie Planspiele, Mitmachausstellungen und Filme genutzt. Der Verein vermittelt spielerisch Wissen und positive Demokratieerfahrung.
Die kommunale Ebene, da wo es mit viel Engagement konkret wird in der Politik, hat der Verein von Anfang an besonders im Blick. Und es soll für alle Jugendlichen was dabei sein, nicht nur für die, die im Gymnasium sind.
2009 entstand mit „Pimp Your Town“ das wohl bekannteste Projekt des Vereins. Mehr als 5.000 junge Menschen haben an dem kommunalpolitischen Planspiel teilgenommen. Und v.a. wurden allein in Hannover aus den 6 Planspielen über 50 Ideen der Schülerinnen und Schüler umgesetzt. Echte Beteiligung der Jugendlichen an Kommunalpolitik also.
Das Projekt wurde über die Jahre ständig weiter entwickelt: Mit „Pimp Your Island“ ging es auf die Insel; im letzten Jahr konnte „Pimp Your Town“ auf einen Finanzausschuss gründen, der echtes Geld verteilen konnte; zur 50jährigen Städtepartnerschaft Hannovers gab es 2016 das erste „Pimp Your Town“ in Frankreich und bei seinem Antrittsbesuch in Niedersachsen vor wenigen Monaten ließ es sich auch der Bundespräsident nicht nehmen „Pimp Your Town“ persönlich zu erleben.
Allein dieses Projekt zeigt, welche Bedeutung Politik zum Anfassen in kürzester Zeit erlangt hat. Um dem Engagement gerecht zu werden, müsste ich hier viele weitere Projekte benennen wie den Medienbus, die Faktenwerkstatt oder den Kinderrat. Aber dafür verweise ich gerne auf die Website politikzumanfassen.de, die sich wirklich lohnt.
Was am Küchentisch von Monika und Gregor Dehmel begann, füllt inzwischen ein ganzes Haus mit einem engagierten Team, denen allen die Begeisterung für die Demokratie anzumerken ist.
Dafür wird Politik zum Anfassen mehr als zurecht mit dem Sonderpreis für herausragendes bürgerschaftliches Engagement ausgezeichnet. Hut ab für dieses fulminante Werk und ganz herzlichen Glückwunsch!
Über originelle Ideen, motivieren sie junge Leute sich mit politischen Themen, mit Einflussnahme zu beschäftigen. Lust zu machen, sich damit zu beschäftigen - gerade heute ein ganz wichtiger Punkt.
Durch so genannte Mediendemokratie fühlen sich viele Leute nicht mehr vertreten. Politik wird immer mehr in den Medien gemacht, nicht mehr in den Stadtteilen, wo sie hingehört.
Entfremdung zwischen den Bürger_innen und denen, die vorgeben sie zu vertreten. Wenn es echte Möglichkeiten gibt, Einfluss zu nehmen und sich zu beteiligen machen das viele auch. Neue, ungewohnte Wege zu finden und anzubieten, um sich an der Gestaltung der Zukunft zu beteiligen. Politik heißt anpacken, im Kleinen wie im Großen.
Es gibt immer weniger Staaten, in denen demokratische Teilhabe gewährleistet ist. Auch vor unserer Haustür gibt es Kräfte, die zentrale Elemente unserer Demokratie in Frage stellen. Doch getragen wird sie letzten Endes von uns Bürgerinnen und Bürgern.
Ulrika Engler,
Direktorin der Niedersächsischen Landeszentrale für Politische Bildung